Donnerstag, 4. September 2014

Analyse von propagandaschau.wordpress.com

http://propagandaschau.wordpress.com/kampagne-gegen-propaganda/
propagandaschau.wordpress.com/kampagne-gegen-propaganda/
 
Das Blog propagandaschau.wordpress.com existiert nach eigenen Angaben seit September 2013:
"Seit Anfang September 2013 dokumentiert der Propagandaschau-Blog die gezielte Meinungsmache und Desinformation in den deutschen Medien. Das Hauptaugenmerk liegt zwar auf den ÖR, doch auch die gezielte Propaganda in den Konzernmedien soll nicht ausgespart werden, um Mediennutzer zu sensibilisieren, ein Gesamtbild zu erstellen und die Gemeinsamkeiten in der politischen Stoßrichtung der Propaganda zu dokumentieren.
Neben aktuellen Propaganda-Beispielen findet ihr im Blog allgemeine Informationen über die Methoden der Propaganda und Verweise auf interessante Artikel über Propaganda.
Das Ziel des Blogs ist sehr konkret und ich denke es ist erfolgsversprechend."

Am 3.9.14 hat das Blog den Beitrag "WDR-Moderator findet angeblich keine Militarisierung in Gaucks Rede auf der Westerplatte" veröffentlicht:
"Ob es ein rein rabulistisch-rhetorischer Kniff war, um den Gesprächspartner aus dem Konzept zu bringen oder schlichte Unwissenheit, muss jeder für sich selbst entscheiden. Was WDR-Moderator Frank Wörner im Morgenecho-Interview mit dem Vorsitzenden der LINKEN Bernd Riexinger veranstaltete, passt in jedem Fall ins Bild des linientreuen Staatsfunks.
Grüne und Linke hatten Gaucks Rede auf der Westerplatte in Polen kritisiert, weil der – anstatt angesichts des von Deutschen begonnenen 2.Weltkriegs um Ausgleich zu bemühen – kaum verklausuliert Russland einen Aggressor nannte und der Militarisierung der europäischen Politik das Wort redete.
Genau das will WDR-Moderator Wörner aber angeblich gar nicht gehört oder in der Rede Gaucks gar nicht gefunden haben. Mit dieser nassforschen Behauptung wollte er Riexingers Kritik ganz offensichtlich untergraben und den Interviewpartner aus dem Konzept bringen."
Das Blog hat einen Auszug des Gesprächs - korrekt - transkribiert und bestimmte Aussagen gelb markiert:
Propagandaschau
Screenshot von der Webseite propagandaschau.wordpress.com

Anschließend heißt es:
"Moderator Wörner hat die Rede vor sich liegen und will dennoch den Gesprächspartner – und offenbar auch die Zuhörer – in die Irre führen.
Wir dokumentieren die Passagen aus Gaucks Rede, die WDR-Mann Wörner angeblich nicht finden kann – oder die ihn intellektuell überfordern:"
Es folgt ein Auszug der Gauck-Rede in Danzig, der ebenfalls gelbe Markierungen enthält:
Propagandaschau
Screenshot von der Webseite propagandaschau.wordpress.com

Mit diesen Sätzen schließt der Propagandaschau-Beitrag ab:
"Man muss an dieser Stelle auch die geschichtsvergessene Dummheit und Verlogenheit von Gaucks Rede mit Blick auf die westlichen Verbrechen gegen das Völkerrecht von Irak bis Syrien und die Unterstützung der Separationen beispielsweise Jugoslawiens beachten.
Mit Blick auf Wörners penetrante Leugnung ist festzuhalten, dass Gaucks Ankündigung, die Verteidigungsbereitschaft anzupassen, eine ganz unverhohlene militärische Drohung gegen den angeblichen Aggressor Russland darstellt. Und das am Jahrestag des von Deutschland am selben Ort begonnenen 2. Weltkriegs.
Das Interview von WDR5 kann hier nachgehört werden."

Das Blog Propagandaschau verzichtet auf eine inhaltliche Analyse und setzt auf optische Hervorhebungen, die den Leser manipulieren können, aber nicht müssen. 

Analyse des WDR-Gesprächs Wörner-Riexinger
Der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, behauptet zu Beginn des Interviews, dass Bundespräsident Joachim Gauck in Danzig von der Militarisierung der deutschen Außenpolitik gesprochen hat. WDR-Moderator Frank Wörner fragt nach, auf welche Passagen sich Riexinger bezieht. Das ist soweit korrekt, weil man diese Formulierung nicht in Gaucks Rede findet (siehe auch folgende Ausführung).

Riexinger konkretisiert nun:
"Russland ist ja der Aggressor und der Westen muss entschlossen dem entgegentreten. Was heißt, dem entschlossen entgegentreten?"
Wörner sagt, er habe die Passage nicht gefunden, und antwortet auf Riexingers Frage, was der Bundespräsident denn gesagt hat, mit:
"Er [Gauck] hat zum Beispiel gesagt, dass wir an einem friedlichen und demokratischen Europa bauen sollen und dass wir uns eine gute Partnerschaft mit Russland wünschen. Dass die de facto von Russland aufgekündigt worden ist. Aber er hat eben nicht gesagt, dass man entschlossen dem entgegentreten muss. Das ist ein Zitat, das kursiert, aber das finde ich in seiner Rede nicht."
Anschließend versuchen Riexinger und Wörner weiter zu klären, aus welchen Passagen sich Riexinger die Militarisierung zieht. Riexinger sagt ab Minute 3:17:
"Herr Gauck hat es ja nicht zum ersten Mal gesagt. Er hat ja auch auf der Münchener Sicherheitskonferenz [31.1.14, zur Rede] gesat, dass sich Deutschland militärisch mehr in der Welt engagieren muss."
Riexinger und das Blog Propagandaschau interpretieren offensichtlich Gaucks Rede in Danzig mit der Rede in München. Das kann man machen. Allerdings muss man es in diesem Fall auch wirklich sauber trennen und die eigenen Interpretationen hervorheben. Das tut Riexinger nicht und legt damit Gauck eine Aussage in den Mund, die er in Danzig so nicht gesagt hat. 

Wörner zitiert Aussagen, die an verschiedenen Stellen stehen. Dadurch entsteht ebenfalls der Eindruck, dass Gauck es genau so gesagt hat. Besser wäre gewesen, wenn Wörner sich nur auf eine Passage bezogen oder hervorgehoben hätte, dass es sich um Fragmente handelt.

Hier ein größerer Ausschnitt aus Gaucks-Rede mit Absätzen, die das Blog Propagandaschau nicht zitiert:
"Als sich vor genau fünf Jahren hier auf der Westerplatte 20 europäische Staats- und Regierungschefs versammelten und gemeinsam der Gräuel des Zweiten Weltkriegs gedachten, sahen wir uns auf dem Weg zu einem Kontinent der Freiheit und des Friedens. Wir glaubten und wollten daran glauben, dass auch Russland, das Land von Tolstoi und Dostojewski, Teil des gemeinsamen Europa werden könne. Wir glaubten und wollten daran glauben, dass politische und ökonomische Reformen unseren Nachbarn im Osten der Europäischen Union annähern und die Übernahme universeller Werte in gemeinsame Institutionen münden würden.

Wohl niemand hat damals geahnt, wie dünn das politische Eis war, auf dem wir uns bewegten. Wie irrig der Glaube, die Wahrung von Stabilität und Frieden habe endgültig Vorrang gewonnen gegenüber Machtstreben. Und so war es ein Schock, als wir mit der Tatsache konfrontiert wurden, dass am Rande von Europa wieder eine kriegerische Auseinandersetzung geführt wird. Eine kriegerische Auseinandersetzung um neue Grenzen und um eine neue Ordnung. Ja, es ist eine Tatsache: Stabilität und Frieden auf unserem Kontinent sind wieder in Gefahr.

Nach dem Fall der Mauer hatten die Europäische Union, die NATO und die Gruppe der großen Industrienationen jeweils besondere Beziehungen zu Russland entwickelt und das Land auf verschiedene Weise integriert. Diese Partnerschaft ist von Russland de facto aufgekündigt worden. Wir wünschen uns auch in Zukunft Partnerschaft und gute Nachbarschaft. Aber die Grundlage muss eine Änderung der russischen Politik und eine Rückkehr zur Achtung der Prinzipien des Völkerrechts sein.

Weil wir am Recht festhalten, es stärken und nicht dulden, dass es durch das Recht des Stärkeren ersetzen wird, stellen wir uns jenen entgegen, die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen. Und deshalb stehen wir ein für jene Werte, denen wir unser freiheitliches und friedliches Zusammenleben verdanken. Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten lassen sich in diesen Grundfragen nicht auseinanderdividieren, auch nicht in Zukunft.

Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern. Die Geschichte lehrt uns aber auch, dass aus unkontrollierter Eskalation eine Dynamik entstehen kann, die sich irgendwann der Steuerung entzieht. Deshalb strebt Deutschland – wie die ganze Europäische Union – nach einer deeskalierenden Außen- und Sicherheitspolitik, die Prinzipienfestigkeit mit Kompromissfähigkeit, Entschiedenheit mit Elastizität verbindet – und die imstande ist, einer Aggression Einhalt zu gebieten ohne politische Auswege zu verstellen.

Europa steht vor neuen, vor großen Herausforderungen. Was wir augenblicklich erleben ist die Erosion alter Ordnungen und das Aufflackern neuer Formen von Gewalt an unserer Peripherie. Das gilt auch für den Nahen Osten und Nordafrika. Nur an wenigen Orten führte der Arabische Frühling zu Demokratie und Stabilität, vielerorts halten die Unruhen und Machtkämpfe an. Starken Einfluss gewannen islamistische Gruppen, besonders gewalttätige Fundamentalisten setzten sich in Teilen von Syrien und im Irak durch."
Es gibt keinen direkten Bezug zwischen Aggression und Russland, wie Riexinger und Propagandaschau behaupten! Gauck bezieht sich mit 
"Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern." 
eindeutig auf die deutsche Geschichte, nämlich auf die Zeit des Nationalsozialismus'. Der Kontext ergibt sich zum einen aus dem Anlass "Gedenkfeier zum deutschen Überfall auf Polen 1939" und zum anderen aus Gaucks Rede-Beginn:
"Heute vor 75 Jahren begann hier auf der Westerplatte der Zweite Weltkrieg. [...]
Die Menschen in Polen haben entsetzlich gelitten unter diesem Krieg, der ihnen vom Deutschen Reich aufgezwungen worden war. "
Dreist ist, dass Riexinger im WDR-Interview sagt: "Ich weiß jetzt nicht welche Geschichte".

Gauck fährt fort:
"Die Geschichte lehrt uns aber auch, dass aus unkontrollierter Eskalation eine Dynamik entstehen kann, die sich irgendwann der Steuerung entzieht. Deshalb strebt Deutschland – wie die ganze Europäische Union – nach einer deeskalierenden Außen- und Sicherheitspolitik, die Prinzipienfestigkeit mit Kompromissfähigkeit, Entschiedenheit mit Elastizität verbindet – und die imstande ist, einer Aggression Einhalt zu gebieten ohne politische Auswege zu verstellen. "
Man kann unter "einer Aggression" natürlich Russlands Ukraine- und Außenpolitik der vergangenen Jahre verstehen. Allerdings sind Wörter wie "deeskalieren", "kompromissfähig" und "politische Wege" das Gegenteil von Militarisierung, für die Wörter stehen können wie "Sicherheitspolitik, Prinzipienfestigkeit" und "Einhalt gebieten".

Propagandaschau fährt Riexingers Linie:
"Mit Blick auf Wörners penetrante Leugnung ist festzuhalten, dass Gaucks Ankündigung, die Verteidigungsbereitschaft anzupassen, eine ganz unverhohlene militärische Drohung gegen den angeblichen Aggressor Russland darstellt. Und das am Jahrestag des von Deutschland am selben Ort begonnenen 2. Weltkriegs."
Gauck will POLITIK, WIRTSCHAFT und Verteidigungsbereitschaft anpassen:
Wir stellen "uns jenen entgegen, die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen."
Offensichtlich war für Propagandaschau die Eingliederung der Krim keine Annexion.... (siehe weiter unten).

Zwischenfazit*
Mit merkwürdigen Argumenten versucht das Blog Propagandaschau, den öffentlich-rechtlichen Medien und sogenannten Konzernmedien Desinformation, Meinungsmache und Propaganda zu unterstellen. Finger weg!**

(*) Propagandaschau, dass muss man der Fairness wegen erwähnen, hat zumindest aufgedeckt, dass der WDR Anfang September 2014 mehrfach veraltete Bilder für die aktuelle Ukraine-Berichterstattung verwendet hat (siehe Tagesspiegel hier und hier). Erfreulich wäre, wenn Propagandaschau sich auf solche Beiträge und sachliche Analsysen konzentrieren würde. An journalistischen Mängeln mangelt es nicht (siehe hierzu "Analyse von Stefan Korinths Beiträgen").
(**) Noch ein kleines Beispiel:
Propagandaschau schreibt am 11.4.14 diese Mail an den WDR:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
im heutige Morgenecho sagte ihr Redakteur Jürgen Döschner um 8.10 Uhr, dass “an der ukrainischen Grenze 40.000 russische Soldaten stehen, die drohen in das Land einzumarschieren.” Darüberhinaus meinte Jürgen Döschner, Putin würde drohen den Gashahn zuzudrehen, wenn die Ukraine ihre Rechnungen nicht bezahlt. Dazu habe ich 2 Fragen:
1. Wann hat Russland gedroht, in die Ukraine einzumarschieren. Nennen Sie bitte die exakte Quelle für diese Drohung!
2. Ist die Ukraine verpflichtet das Gas, das Russland liefert zu bezahlen oder ist Russland verpflichtet die Ukraine kostenlos mit Gas zu versorgen?
Mit freundlichen Grüßen"

Der WDR antwortet am 14.4.14:
"Zu Ihren Fragen in aller Kürze:

1. Die Tatsache allein, dass Russland 40.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammenzieht und gleichzeitig Forderungen aufstellt, die die ukrainische Innenpolitik betreffen (Verfassungsreform), ist eine Bedrohung. Hinzu kommt, dass Moskau mehrfach offen davon gesprochen hat, man werde in der Ukraine eingreifen, wenn die Sicherheit russischsprechender Bürger bedroht sei. auch dies ist indirekt die Drohung, in die Ukraine einzumarschieren.

2. Russland hat nach der gewaltsamen Annexion der Krim einseitig die bestehenden Gas-Lieferverträge geändert und regelrechte Phantasiepreise festgelegt (kein Land in Europa zahlt 480 Dollar pro 1000 Kubikmeter).

Freundliche Grüße"

Propagandaschau kommentiert:

"1. Natürlich kann der WDR keinen Nachweis bringen, dass Russland 40.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze hat aufmarschieren lassen. Behauptet wird dies trotzdem. Dass Russland mehrfach gesagt hat, dass man nicht in der Ukraine eingreifen werde, wird notorisch verschwiegen. In Deutschland stehen mehr als 40.000 amerikanische Soldaten (für die wir auch noch blechen müssen) und die amerikanische Regierung stellt andauernd Forderungen an Deutschland. Von Drohungen durch die USA spricht dennoch niemand.

2. Von einer gewaltsamen Annexion kann überhaupt keine Rede sein. Russland hat auch nicht einseitig die Verträge geändert, sondern festgestellt, dass a) die Ukraine den Vertrag nicht erfüllt, weil sie nicht zahlt und b) sich die Bedingungen des Vertrages geändert haben, weil die Krim jetzt zu Russland gehört."

Fazit
Hinter dem Blog Propagandaschau stecken ein oderer mehrere typische Truther, also Leute, die sich als Aufklärer verstehen.
Einen Truther erkennt man laut Schriftsteller und Zeugen Jehovas-Aussteiger Misha Anouk u.a. daran, dass  



 

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